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Generali Open Kitzbühel: Entkräfteter Thiem verpasst einzig die Krönung

Ein wie entfesselt aufspielender Sebastian Baez schnappt sich beim ATP-Turnier in Tirol den Sieg.
Verfasst von: Manuel Wachta, 05.08.2023
© GEPA pictures / Daniel Schönherr
Dominic Thiem darf in Kitzbühel den Pokal für den zweiten Platz entgegennehmen.

Mit seinem ersten Finaleinzug seit den ATP Finals 2020 in London und seiner schweren Handgelenksverletzung am 22. Juni 2021 auf Mallorca hat Dominic Thiem beim Generali Open Kitzbühel seine sportliche Wiederauferstehung gefeiert. Einzig die Krönung seiner starken, die heimischen Tennisfans so begeisternden Woche ist dem 29-Jährigen beim ATP-250-Sandplatz-Heimevent verwehrt geblieben. Denn der mit Wildcard ausgerüstete Niederösterreicher hat bei seinem 29. Endspiel auf der ATP-Tour seinen 18. Titelgewinn, den ersten seit den US Open 2020 in New York, glatt verpasst. Ein merklich entkräfteter Thiem (ATP 116) musste sich dem wie entfesselt aufspielenden Sebastian Baez (ATP 72) nach exakt 1:20 Stunden Spielzeit mit 3:6, 1:6 geschlagen geben. Für den Argentinier ist es der dritte ATP-Triumph der Karriere, der dem 22-Jährigen 85.605 Euro Preisgeld, 250 ATP-Punkte und am Montag Position 42 in der Weltrangliste bringt. Thiem muss sich mit 49.940 Euro und 150 Zählern begnügen, wird als 89. oder 90. aber wieder deutlich unter die Top 100 der Welt zurückkehren. Und verlässt Kitzbühel mit der freudigen Erkenntnis, wieder auf dem höchsten internationalen Niveau um Turniersiege mitspielen zu können. In der Woche vor den am 28. August startenden US Open in New York bestreitet er noch das ATP-250-Hartplatzturnier in Winston-Salem, für das er eine Hauptbewerbs-Wildcard des Veranstalters erhielt.

Baez im Titelkampf eine Klasse für sich

Thiem hatte zuvor dank eines Auftakterfolgs in zwei Tiebreaks und drei hart erkämpften Siegen nach Satzrückstand das Finale erreicht. Besonders beim 6:7 (3), 7:5, 7:6 (8) über den fünftgesetzten Serben Laslo Djere (ATP 38) im Halbfinale vom späten Freitagabend, nach einem exakt 3:30-stündigen Marathonmatch, hatte der Lichtenwörther viele Kräfte liegengelassen – wohl zu viele. Bei seiner Pressekonferenz nach dem finalen Showdown wollte er die Gründe für die Niederlage zwar nicht darin suchen, die fehlende Spritzigkeit war ihm jedoch deutlich anzumerken. Ganz im Gegensatz zum wieselflinken, 1,70 Meter kleinen Baez, der wie taufrisch über den zum vierten Mal in Folge restlos ausverkauften Center Court lief und Thiem mit aggressivem Grundlinienspiel an diesem Tag keine echte Chance ließ. Gleich bei der ersten Gelegenheit bei Rückschlag schlug der Südamerikaner zu: Nach 30:0-Führung musste ÖTV-Star Thiem seinen Aufschlag noch zum 1:3 abgeben, bei 1:4 und zweimal Breakball gegen sich beinahe nochmal. Baez ließ danach allerdings bei eigenem Service weiterhin nichts anbrennen.

Der zweite Durchgang begann für Thiem durch einen weiteren Aufschlagverlust denkbar ungünstig. Diesmal konnte der Schützling von Benjamin Ebrahimzadeh das Doppelbreak zum 1:4 dann nicht verhindern. Wie aus einem Guss spielte Baez in dieser Phase, ehe im nächsten Game doch noch die ersten zwei Breakchancen Thiems in der gesamten Partie herausschauten. Die engen letzten zwei Spiele gingen jedoch abermals an Baez – daran konnte auch die bis zum Schluss sensationelle Unterstützung für Österreichs Tennisheld von den Publikumsrängen nichts mehr ändern. „Ich habe mich hier während der ganzen Woche sehr wohlgefühlt. Dieser Ort ist unglaublich and ich habe jeden Tag genossen. Ich bin froh, dass ich den Sieg errungen habe. Ich möchte diesen Moment genießen. Es war eine großartige Woche“, meinte Baez. Doch wenngleich Thiem der so erhoffte, krönende Abschluss verwehrt blieb, überwogen die positiven Eindrücke bei ihm natürlich klar: „Ich nehme jede Minute von dieser unglaublichen Atmosphäre mit“, versicherte er. „Ich hoffe, es geht so weiter und wir werden bald wieder bei einer Siegerehrung stehen – dann mit einem größeren Pokal“, erklärte der ehemalige Weltranglistendritte, dem die Herzen des Publikums in dieser Woche wieder wie zu seinen besten Zeiten zugeflogen waren.

Veranstalter-Resümee: „Unser persönliches Kitzbüheler Sommermärchen“

Ein hochzufriedenes Resümee zog man indes seitens des Veranstalterteams. „Es war für uns die emotionalste Woche in unserer bisherigen Karriere als Turnierveranstalter. Und die beste Woche, die wir je gehabt haben. Das ist kaum mehr zu toppen und unser persönliches Kitzbüheler Sommermärchen“, freute sich Turnierveranstalter Markus Bodner über die einzigartige Comeback-Story von Thiem, den Triumph von Erler/Miedler im Doppel, die Euphorie der Fans und das Glück, dass das Wetter trotz teils schlechter Prognosen letztlich einigermaßen mitspielte. Über 50.000 Zuschauer:innen strömten im Verlauf der Turnierwoche aufs Eventgelände. Vier Tage in Folge waren für die Matches auf dem Center Court keinerlei Tickets mehr verfügbar. Zuletzt war dies 2019 der Fall: „Wir waren von Mittwoch weg ausverkauft, obwohl die Wetterprognosen nicht immer die besten waren. Das hat schon mit dem Quali-Wochenende begonnen, wo wir inklusive Kids Day am Montag, dem Highlight des Familien-Wochenendes, schon 13.000 Fans vor Ort hatten“, erklärte Turnierdirektor Alexander Antonitsch. Und auch diejenigen, die kein Ticket ergattern konnten, hatten die Möglichkeit, Weltklassetennis beim Generali Open Kitzbühel zu erleben, denn täglich flanierten rund 600 Personen durchs frei zugängliche Turniergelände und konnten sämtliche Partien auf dem Grandstand kostenlos verfolgen. „Für uns war’s eine Traumwoche“, schwärmte Antonitsch gegenüber Ö3-Reporter Daniel Kulovits im Nachhinein. „Natürlich hätten wir uns jetzt alle einen Sieger Dominic Thiem gewünscht, aber ganz ehrlich: Das wäre fast kitschig gewesen.“

Das beste Kitzbühel aller Zeiten im TV

Dominic Thiem und Co. bewegten übrigens auch im TV: Quotentechnisch ist es das beste Kitzbühel aller Zeiten – Servus TV konnte in dieser Woche nämlich die Rekordquoten aus 2019 sogar noch übertreffen. Knapp 340.000 verfolgten beispielsweise im Durchschnitt das Halbfinale.

Generali Open Kitzbühel 2024: 20. bis 27. Juli

Im nächsten Jahr findet das Generali Open Kitzbühel in der Woche vor dem Olympischen Tennisturnier in Paris statt (20. bis 27. Juli 2024), bei dem gleichfalls auf Sand gespielt wird. Die Erinnerungen ans Jahr 1992 werden wach, als neben Thomas Muster auch der Weltranglistenerste Pete Sampras und Jim Courier in der Gamsstadt ihre Generalprobe für Barcelona absolvierten. Deshalb hegen die Veranstalter die Hoffnung, dass der eine oder andere Topspieler das Generali Open Kitzbühel im nächsten Jahr als unmittelbare Vorbereitung auf Olympia nützt.

| GEPA pictures / Daniel Schönherr

Dominic Thiem bei der Pressekonferenz nach dem Finale:

© GEPA pictures / Daniel Schönherr
Finalist Dominic Thiem (links), Sieger Sebastian Baez (rechts)

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